Millennials sind starke Treiber in der Thematik Nachhaltigkeit und der Clean Beauty-Bewegung. Sie fordern die Unternehmen heraus und verlangen konsequent nach nachhaltigem Handeln. Kosmetik-Hersteller müssen reagieren, um Kunden, Loyalität und Glaubwürdigkeit nicht zu verlieren. Aber was ist Clean Beauty genau und was hat sie mit Nachhaltigkeit und verantwortungsvollem Konsum zu tun?
Clean Beauty – Begriff ohne klare Definition
Einst ein Nischentrend, ist Clean Beauty heute nicht mehr nur Lifestyle, sondern auf dem Weg zum dringendst erforderlichen und anzustrebenden Standard. Eine offizielle Begriffserklärung gibt es nicht und schafft damit Spielraum für Interpretation.
In den meisten Fällen wird Clean Beauty gleichgesetzt mit der Abwesenheit von kritischen Inhaltsstoffen. Kritisch, sei dies in Bezug auf die Wirkung für den Menschen oder aber deren Herkunft.
Die Kosmetik soll also „sauber“ sein. Inhaltsstoffe, die im Verdacht stehen, die Gesundheit zu gefährden, werden wo immer möglich verbannt. Die vereinfachten Rezepturen enthalten nur so viele Bestandteile wie nötig. Und diese stammen aus möglichst natürlicher und nachhaltiger Herkunft.
Aber Clean Beauty kann so Vieles mehr. Nachhaltigkeit ist ebenso vielschichtig wie tiefgreifend. Deshalb gehen wir einen Schritt weiter. Clean Beauty soll vor allem eines: Transparenz schaffen. Und Verantwortung übernehmen: und zwar für die gesamte Wertschöpfungskette.
Der gesamte Produktlebenszyklus vom Ursprung, also vom Anbau und der Art der Gewinnung der Rohstoffe, über die Herstellungsweise bis hin zu Inhalt und Aufbau der Produkte sowie Vertrieb, Transparenz im Handel und Entsorgung stellen enorm wichtige Faktoren dar. Selbstverständlich sind ethische, moralische und sozialverträgliche Aspekte für Gesellschaft, Unternehmen und Umwelt miteingeschlossen.
Darüber hinaus sollen Clean Beauty-Produkte nach dem Zero Waste Prinzip konzipiert, frei von jeglichen toxischen Inhaltsstoffen und zudem (hoch)wirksam sein. So richtig sauber eben.
Von Konsumenten als unverzichtbares Muss eingefordert
Und genau da setzt Clean Beauty an. Das ökologische Bewusstsein ist gewachsen. Veränderungen in Konsum- und Kaufverhalten sowie Wertvorstellungen haben direkten Einfluss auf die Einstellung der Konsumenten zu Nachhaltigkeit.
Die Millennials sind die Generation mit dem stärksten Nachhaltigkeitsbewusstsein. Sie sind bereit, mehr Geld für Produkte und Dienstleistungen auszugeben, die als nachhaltig gelten oder von sozial- und umweltverträglichen Unternehmen hergestellt bzw. bereitgestellt werden. Aufgewachsen in einer von Instabilität geprägten Welt herrscht bei den Millennials aber auch ein allgemeines Gefühl von Misstrauen. Nur eine Minderheit der jungen Menschen glaubt derzeit, dass sich Unternehmen ethisch verhalten.
Millennials wünschen sich Unternehmen, deren Entscheidungen positive Veränderungen bewirken: für den Planeten, die Menschheit und für sich.
Aber nicht nur Millennials, immer mehr Konsumenten bewerten Angebote mit steigender Tendenz nach moralischen Gesichtspunkten, sehen sich in der kollektiven Verantwortung, erwarten nachhaltiges Handeln und fordern dies konsequent mit unbedenklichen und ökologischen Produktlösungen ein. Das Bewusstsein für achtsamen und ethischen Konsum nimmt an Bedeutung zu.
Verheerende Auswirkungen für Mensch und Umwelt
Nicht nur gesundheitsschädliche Inhaltsstoffe wie z.B. Silikone, Parabene, Aceton, Triclosan, Aluminiumsalze etc. werden fortlaufend konsequent aus Pflege- und Make-Up-Produkten verbannt. Auch Verpackungen rücken immer mehr in den Fokus. Nach und nach wird unmissverständlich deutlich, welche Auswirkungen Tiegel, Dispenser, Flasche und co. aus der Kosmetik bei unsachgemässer Verwendung hervorrufen können. Eine eindrückliche Bilanz:
Jedes Jahr produziert alleine die globale Kosmetikindustrie 120 Milliarden Verpackungen, von denen nur ein kleiner Teil recycelbar ist*. Leider besteht der Grossteil unserer Kosmetikverpackungen aus Plastik. Und dies gestaltet sich zu einem tiefgreifenden Problem für unsere Umwelt. Denken wir nur an die schrecklichen Bilder qualvoll verendeter Meerestiere, ihre Mägen gefüllt mit Plastikmüll. (*Quelle: Zero Waste Week)
Jährlich gelangen rund neun Millionen Tonnen Abfall in unsere Weltmeere. Davon sind 60-90% Plastikabfall. Machen wir so weiter wie bisher, wird es im Jahr 2050 dreimal mehr Plastik als Fische im Meer haben. In grossen Teilen unserer Weltmeere gibt es mittlerweile sechs Mal mehr Plastik als Plankton.
Die durchschnittliche Gebrauchsdauer für eine Plastik-Tüte in Deutschland liegt bei 25 Minuten, braucht aber ganze 10 bis 20 Jahre bis sie sich im Meer komplett zersetzt hat und in Form von Mikroplastik umherschwimmt oder auf den Meeresgrund sinkt. Noch drastischere Fakten liefert eine PET-Flasche: sie benötigt ganze 450 Jahre. (Quellen: Statista, Plastikmüll Statistik 2018)
Schätzungsweise werden über 800 Tierarten, die in Meeren oder im Küstenbereich leben, vom Plastikmüll beeinträchtigt. Das betrifft fast die Hälfte der Meeressäuger und Seevogelarten*. Plastikmüll entwickelt sich nebst Klimawandel und intensivster Landnutzung zu einem unserer grössten Umweltprobleme und gefährdet nicht nur die Artenvielfalt unserer Meerestiere, sondern auch uns selbst. (*Quelle: WWF)
Dass Plastik für uns Menschen ein Gesundheitsrisiko darstellt, ist gemäss aktuellem Stand der Wissenschaft nicht bestätigt. Es soll nämlich auch in Kleinstgrössen nicht von der Haut aufgenommen werden. Warum ist Plastik aber dennoch gesundheitsschädlich für uns?
Mikroplastik in Kosmetikrezepturen, gemäss Definition alles was kleiner wie 5 Millimeter ist, gelangt über die Kläranlagen in unsere Flüsse und Meere. Es kann aufgrund seiner Grösse nicht gefiltert werden. Die kleinen Partikel werden von den Meerestieren häufig mit Nahrung verwechselt. Verenden die Tiere nicht zu Tausenden daran, landen sie früher oder später auf unseren Tellern. Essen wir z.B. eine Portion Muscheln, nehmen wir dabei um die 90 Mikroplastik-Partikel auf. Wie sich das auf unseren Körper auswirkt ist noch nicht bekannt – aber ein gutes Gefühl hinterlässt es ganz bestimmt nicht.
Das Umdenken einer gesamten Branche
Eigentlich liegt es auf der Hand. Man, respektive insbesondere die Beautybranche, kann nicht mehr wegschauen. Aus Überzeugung, unserer Umwelt zuliebe, aber auch der Nachfrage wegen.
Clean Beauty in Bezug auf Inhaltsstoffe ist schon stark etabliert und die Bemühungen sind gross. Das zeigen die vielen Marken und Konzepte nach dem „Less is More“-Konzept und im Nachhaltigkeits- resp. Naturkosmetiksektor. Auch zum Thema Soziales Engagement und Transparenz ist zumindest einiges am Laufen.
Die grösste Herausforderung für die gesamte Branche, da sind sich Experten einig, sind die Verpackungen. Zu oft landen vor allem Plastik und Acryl auf der Deponie – oder noch schlimmer: in der Natur! Ökologische Verpackungslösungen sind leider momentan noch nicht sehr attraktiv, sei dies produktionstechnisch, finanziell oder optisch. Und schöne Dinge sind meistens (noch) nicht nachhaltig. Zufriedenstellende Alternativen zu finden ist schwer. Nachhaltige Verpackungen haben noch einen langen Weg vor sich.
Folglich müssen Kosmetikhersteller reagieren, die Verpackungsindustrie muss komplett umdenken. Es ist damit zu rechnen, dass in absehbarer Zeit regulatorische Bestimmungen die Richtung vorgeben werden. Die EU will ab 2021 Einweg-Plastik verbieten. Verbrauchern ist der Umweltaspekt ihres Konsums immer wichtiger. Soziale und ökologische Nachhaltigkeit, sauber und transparent sind keine Nischen-Themen mehr, die Möglichkeit nach moralisch und ethisch korrektem Konsum wird mit Nachdruck von Konsumenten eingefordert.
Als Konsequenz daraus müssen – und das ist neu – daher auch sämtliche Mass Market Hersteller reagieren. Ganz nach der Philosophie der Zero Waste-Pionierin Bea Johnson und ihrem 5R-Prinzip (refuse, reduce, reuse, recycle, rot (kompostieren)) werden in den nächsten Jahren Aspekte wie Reduktion und Recycling von Verpackungen, Verlängerung des Lebenszyklus von Produkten sowie nachhaltige Verpackungsalternativen von grösster Bedeutung für den Erfolg und die Daseinsberechtigung von Kosmetikherstellern sein.
Erste ernsthafte Bestrebungen multinationaler Unternehmen sind im Gange. So haben sich Kosmetikriesen wie Unilever, L’Oréal und Henkel ambitionierte Ziele zur Reduktion von Kunststoff-Verpackungen und Erhöhung der Recycling-Quote gesetzt und folgen damit den vielen lobenswerten kleineren Firmen, die sich aus Überzeugung einem ganzheitlichen Nachhaltigkeits-Konzept in der Kosmetik verschrieben haben. Denn:
Saubere Kosmetik soll auch abseits von Richtlinien vor allem Eines: verantwortungsvoll sein.